Seit Menschen die Berge nicht nur als bedrohliche Wildnis wahrnehmen, sondern als Erlebnisraum, nutzen sie auch die Hilfe erfahrener Begleiter, um Risiken zu begrenzen.
Wir wissen nicht, welche Informations- und Infrastruktur "Ötzi" zur Verfügung stand, als er vor 4000 Jahren den Saumpfad vom Ötztal nach Südtirol beging, auf dem er ermordet wurde. Wir wissen auch nicht, ob Francesco Petrarca bei seiner Besteigung des Mont Ventoux (1909 m, 1336) in der Provence, die als Geburtsstunde des Alpinismus betrachtet wird, ortskundige Begleitung oder zumindest Auskünfte über bestehende Wege nutzen konnte. Aber wir wissen, dass ein Jahr nach der ersten Besteigung des Mont Blanc (4810 m, 1786) einer der Besteiger, der Kristallsucher Jaques Balmat, den Genfer Naturwissenschaftler Horace Bénédict de Saussure auf den höchsten Berg der Alpen führte.
Damit begann das traditionelle alpine Bergsteigen erst richtig – und Führer (und oft viele Träger) spielten dabei eine wesentliche Rolle. Ohne sie wären die häufig von Fürsten oder Regierungen initiierten Erstbesteigungen von Großglockner, Ortler oder Zugspitze nicht möglich gewesen. Meist waren die Führer einheimische Hirten oder Wildschützen, Naturburschen eben, geländegängig, konditionsstark, ortskundig. Als die frühen Bergsteiger aber zunehmend schwierige Gipfel anpeilten, wurden ihre Führer auch Träger alpinistischer Kompetenz.
Schon 1822 wurde die Bergführervereinigung von Chamonix gegründet, über dreißig Jahre vor dem Britisch Alpine Club, dem ersten Alpenverein. 1858 folgte Zermatt, 1861 Pontresina; die besten Führer waren international bekannt und stiegen im "Goldenen Zeitalter des Alpinismus" (1850-1865) bei den Erstbesteigungen der Viertausender voraus. Der Berchtesgadener Bergführerverein entstand 1881, im gleichen Jahr, als Johan Grill "Kederbacher" seinen Gast Otto Schück erstmals durch die Watzmann-Ostwand führte.
Wie in vielen Alpenländern war in Deutschland der 1869 gegründete Alpenverein zuständig für die Lizenzierung der Führer und kümmerte sich auch um ihre Ausbildung und Versorgung. Führer-Lehrkurse wurden organisiert, es gab eine Führer-Unterstützungskasse und eine Art Unfall- und Rentenversicherung. Der akademisch geprägte Verein bemühte sich auch darum, den oft einfachen Bergmenschen Bildung zu vermitteln; dass in der manchmal rustikalen Schale meist starke und empathische Persönlichkeiten steckten, schrieben viele "Herren" ihren Begleitern in die Führerbücher.
Auch das Ideal des autarken, "führerlosen" Bergsteigens, das Ende des 19. Jahrhunderts aufkam, machte die Bergführer nicht arbeitslos. Im Gegenteil: Viele etablierte Alpinisten wetterten gegen die "Unverantwortlichkeit", ohne kompetente Begleitung auf eigene Faust in die Hochregionen der Alpen aufzubrechen. Und viele Bergfreunde, die wenig Zeit für ihre Leidenschaft hatten, genossen die orts- und fachkundige Betreuung.
Gleichzeitig emanzipierten sich die Führer von ihrer reinen Dienstleister-Rolle und gingen auch eigenständig auf Touren. Mit ihrem hohen Niveau setzten sie Marksteine im Alpinismus und brachten die Entwicklung auch auf anderen Feldern weiter. Rudolf Peters (1913-2008), Erstbegeher der Grandes-Jorasses-Nordwand, entwickelte die Zwölfzacker-Steigeisen und rettete als Leiter der Heeres-Hochgebirgsschule in Fulpmes viele Topalpinisten vor dem Tod im Zweiten Weltkrieg. Ludwig "Wiggerl" Gramminger (1906-1997) gehörte in den 1920er-Jahren zu den Gründern der Bergwacht, erfand bahnbrechende Rettungs-Werkzeuge wie den Tragesitz, die Drahtseilwinde oder den Ackja – und machte die Bergführerprüfung erst 1957, nachdem er jahrelang als Ausbilder gearbeitet hatte. Anderl Heckmair (1906-2005) gehörte auch zu den extremen Steilwand-Rettungsexperten der Bergwacht und war der entscheidende Vorsteiger bei der Erstbegehung der Eiger-Nordwand.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg organisierte der Deutsche Alpenverein (DAV) die Ausbildung der Berg- und Skiführer und schlug die Absolventen dann dem zuständigen Landratsamt zur förmlichen "Autorisierung" (staatliche Anerkennung) vor. Die Führer standen für das Ausbildungswesen im Verein zur Verfügung und leiteten Kurse und Touren für den "Bergfahrtendienst" (erster Vorläufer des DAV Summit Club). Gleichzeitig bildete der Verein ehrenamtliche "Lehrwarte" (heute Trainer) für den Bedarf der Sektionen aus.
1966 gründeten Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich die Internationale Vereinigung der Bergführerverbände (IVBV, UIAGM) – mit Zielen wie einem einheitlichen Ausbildungsstandard, angeglichenen nationalen Gesetzen und Anerkennung bei der Arbeit im Ausland. Das fünfte große Alpenland Deutschland war als Mitglied erwünscht; dafür war aber ein nationaler Bergführerverband notwendig. Anderl Heckmair und Gustl Spiwak nahmen Kontakt mit der IVBV auf und bemühten sich um die Gründung eines deutschen Bergführerverbands, gemeinsam mit dem DAV. Dessen Wunsch, im Vorstand mit dem Verhältnis 4:3 auch mit Nicht-Bergführern vertreten zu sein, war jedoch nach IVBV-Statuten nicht erfüllbar, und Klärungsgespräche zogen sich hin. So machten Heckmair und zehn weitere Bergführer Nägel mit Köpfen und gründeten am 15.2.1969 im Gasthof "Zum Spöckmeier" in München den unabhängigen "Verband Deutscher Berg- und Skiführer e.V.".
Nach einigem politischem Hin und Her erkannte auch der DAV den eigenständigen Verband an und in den fünfzig Jahren seither hat sich ein pragmatisches, konstruktives Miteinander eingespielt. Natürlich hat der DAV als ehrenamtlich getragener Verein, der neben dem Bergsport auch für Naturschutz und den Betrieb von Hütten und Wegen verantwortlich ist, andere Perspektiven als der VDBS, der Kompetenzträger für professionelle Ausbildung und Begleitung. Doch die meisten Werte sind gemeinsam: etwa die Verantwortung für die Natur und das menschliche Miteinander. Der DAV finanziert mit einem festen Beitrag etwa die Hälfte der Kosten für die Bergführerausbildung; aus seinem Expeditionskader schlagen viele Frauen und Männer die Führerlaufbahn ein. Gut ausgebildete Berg- und Skiführer beider Geschlechter tragen wiederum in den DAV-Lehrteams die ehrenamtlichen Trainer-Ausbildungen oder übernehmen Leitungsaufgaben in Sektionen oder dem Bundesverband.
Der VDBS ist einer der größten Verbände in der IVBV und übernimmt auch immer wieder Vorstandsämter in der internationalen Gemeinschaft. Mit den Ausbildungen zum Bergwanderführer und Kletterlehrer hat sich sein Portfolio diversifiziert und wird der Vielfalt des modernen Bergsports gerecht. Professionelle Mitgliederbetreuung durch die Geschäftsstelle sind so selbstverständlich wie selbstbewusstes Marketing. Und unverändert, wie seit Anbeginn des Alpinismus, steht ein Ziel über all dem: Die Menschen, die sich Bergführern oder sonstigen VDBS-Mitgliedern anvertrauen, zu beglückenden Erlebnissen und sicher wieder nach Hause zu geleiten.